Interview mit Jay Farrar von Son Volt
Frankfurt, 18.Juni 97
copyright 1997 Hans Settler, Radio Unerhört, Marburg

F: "Wir hier in Deutschland nennen deine Art Musik 'insurgent country music'. Nun, dies klingt ein bischen nach rebellisch sein. Ist da etwas Aufmüpfiges an deiner Musik?" A: "Ich weiß nicht wie sehr wir in diese Kategorie fallen. Ich mag es nicht, wenn man Bands verschiedenen Kategorien zuordnet. Ich denke, manche Leute vergeben solche Begriffe einfach willkürlich. ??????? Ich denke, das ist 'ne Art subjektiver Meinung. Vielleicht denken einige Leute so." F: "Vielleicht als Vergleich zur gewöhnlichen Country Music?" A: "Ja, relativ zu Garth Brooks". F: "Nun zu einer Frage, die wir von einem britischen Fan heute morgen als e-mail erhalten haben. Er möchte einiges über deine politische Meinung wissen." A: "Die Frage um die es geht ist die Zeile " der Feuerwehrmann rettet die Villa des Millionärs und schläft danach am Rande der Straße" dies hatte ich aus einem Zeitungs- artikel wo ein Bild einen Feuerwehrmann zeigte, der am Rande der Straße schlief, ich glaube es war in Kalifornien. Da gab es eine Menge Tage ohne Schlaf um die Villen dieser reichen Leute zu retten und danach mußten sie sich vor Erschöpfung einfach am Straßen- rand ausruhen. Um das ging es. Zur Frage zum Song "Coalminer", dies ist ein traditioneller Song der für sich selbst spricht. Die Gegend woher ich komme, St. Louis, war mal voller Industrie, voller Beschäftigung, was alles zusammengebrochen ist. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind etwas schlecht in der Gegend wo ich herkomme." F: "Aber hier in Europa sagen sie den U.S.A. geht es wirtschaftlich sehr gut." A: "Augenblicklich ja, die Songs, die sich darauf beziehen sind ja schon fünf oder sechs Jahre alt und beziehen sich auf eine Zeit, als die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht so gut wie heute waren." F: "Heute steht es gut damit?" A: "Ja, ich glaube." F: "Es macht den Eindruck, daß du in deinen Songs manchmal kritisch gegenüber dem 'American way of life' bist. Fühlst du dich als Patriot. Liebst du dein Land und wenn was magst du an ihm?" A: "Ich mag keinen Patriotismus im herkömmlichen Sinn, ich meine, ich mag das Land schon. Sicher ist, daß ich eine Menge Dinge vermisse, wenn ich über längere Zeit weg bin, sogar Dinge, die ich eigentlich hasse wenn ich dort bin." F: "Wenn du drei Dinge nennen solltest, die du an den Vereinigten Staaten magst, welche würdest du nennen?" A: "Drei Dinge, eines sind die Highways, das Straßensystem, das ist toll, dann die vielen verschiedenen Landschaften und Kulturen und als drittes .....Sport, Hockey ist mein Lieblingssport." F: "In einem Interview sagtest du, das du gerne 'old country and blues' hörst. Warum magst du diese Musik? Welche Musiker magst du am liebsten? Wer sind deine Idole?" A: "Unbedingt???Künstler wie Johnny Cash, kürzlich sah ich zum erstenmal George Jones. Er machte eine gute Show. Was die Bluesmusiker betrifft, habe ich mir viele angehört, aber die meisten leben leider nicht mehr, Künstler wie Skip James und Lightenin' Hopkins." F: "Wir denken, deine Musik wurde durch Musiker wie Gram Parsons, Hank Williams, Townes van Zandt und den Sex Pistols beinflußt. Alle hatten irgendwie mit Alkohol oder Drogen zu tun. Siehst du da Gefahren für dich selbst?" A: "Sicher, einige von den Leuten, die du nanntest starben jung. Ich kann durchaus die Gefahr erkennen, die sich ergeben könnten, ?????????als ein Beispiel, was man nicht tun sollte." F: "Wir wissen, daß du viel Zeit "on the road" verbringst, rumfährst und Konzerte gibst. Wünscht du dir nicht manchmal Ruhe und Geborgenheit, eine Familie, ein Heim oder fühlst du dich mehr als Woody Guthrie oder Jack Kerouac der Neunziger? Hast du einen Platz, den du Heimat nennen kannst?" A: "Ja, hab' ich. Ich denke, man sollte die Balance finden zwischen den beiden Dingen. Klar, wenn du 'on the road' bist möchtest du zu Hause sein, und wenn du zu Hause bist willst du wieder losziehen. Ich versuch' das gerade auf die Reihe zu kriegen." F: "Kannst du uns einiges über deine Entwicklung als Musiker sagen. War es schwer dahin zu gelangen wo du jetzt bist. Oder war alles mehr oder weniger einfach und ohne Anstrengung?" A: "Klar, um Musik machen zu können mußt du einiges an Arbeit reinstecken. Es ist nicht leicht. Vielleicht mußte ich nicht soviel dazutun wie manch anderer." F: "Nun kannst du vom Musikmachen leben?" A: "Ja." F: "Wie lange brauchtest du um dorthin zu gelangen?" A: "Bis es mit Uncle Tupelo anfing, das Jahr zuvor mußten wir uns mit Nebenjobs über Wasser halten." F: "Jeder hat seine eigene Art mit Zeiten umzugehen wo es ihm schlecht geht. Was machst du wenn du den 'Blues' spürst?" A: "Während der Hockey-Saison spüre ich manchmal den Blues????????Ich höre dann Musik oder lese ein Buch. Ganz wichtig für mich ist Bluesmusik zu hören, um den Dämon zu vertreiben." F: "Die Musik, die du in deiner Jugenzeit geh"rt hattest, war mehr in der Art von Led Zeppelin und Black Flag?" A: "Led Zeppelin war zu der Zeit im Radio. Ich mochte sie zu der Zeit nicht unbedingt. Ich mußte einige Jahre älter werden um das zu mögen was sie jetzt machen. Doch während meiner Zeit in der High School war es erfrischend ein wenig Punk Rock und alternative amerikanische Bands zu hören wie 'Axe' und 'Minuteman', Meat Puppets und ähnliche Bands. Black Flag war eine von ihnen, die ich mir öfters ansah." F: "Hast du noch andere Interessen statt der Musik?" A: "Hockey ist eines, ein Buch lesen ein anderes." F: "Was für ein Buch liest du zur Zeit?" A: "Zur Zeit versuche ich mich durch einige Kurzgeschichten von Dostojewski durchzuarbeiten." F: "Findes du denn genug Zeit zum Lesen wenn du 'on the road' bist?" A: "Ja, es gibt genug Zeit und es ist ganz wichtig für mich mich zu entspannen und etwas zu lesen. Und in der Stadt spazierenzugehen wurde zu einem Hobby von mir." F: "In Frankfurt spazieren zu gehen ist ja nicht gerade so toll.???????Magst du das Land lieber als die Stadt?" A: "Nein, ich mag es nicht lieber. Ich lebe in einer Stadt und bevorzuge deshalb die städtische Umgebung. Aber es ist schön, die Wahl zu haben, beides zur Verfügung zu haben." F: "Hier in Deutschland kennen dich nur die wenigsten Leute. Sie kennen 'Country- und Westermusik', Johnny Cash und Garth Brooks. Und die jungen Leute hören Techno. Wie würdest du versuchen den Deutschen deine Art von Musik zu erklären?" A: "Ich denke es ?????repräsentiert die graue Zone zwischen Techno und Garth Brooks, was immer das auch ist. Es ist 'ne andere Art Musik." F: "Noch eine andere Frage von dem britischen Fan, der uns das E-mail schickte. Er möchte gerne wissen wann Son Volt Great Britain besuchen werden. Er möchte euch gerne live sehen." A: "Ja, wir werden gehen. Möglicherweise vor Jahresende, hoffentlich. Aber nicht mehr während dieser Tour, die hier in Hamburg und dann in Norwegen endet." F: "Hans macht im Juli seine erste Radiosendung und will eine regelmäßige Sendung über 'american roots music' machen. Was könntest du ihm vorschlagen, was er in seiner ersten Show spielen sollte, außer Son Volt." A:" Ältere oder neuere Bands?" F: "Wahrscheinlich mehr die neueren wie Haynes Boys oder Slobberbone?" A: "Ich bin den neueren????????????????????Ich verbring nicht allzuviel Zeit damit, diese Bands zu hören." F: "Und die älteren?" A: "Ja, ich verbringe einige Zeit damit." F: "Vielleicht Hank Williams?" A: "Ja, unbedingt, und Jimmy Rogers." F: "Würdest du bitte einen Gruß an die Zuhörer unseres Radios richten, es nennt sich Radio Unerhört. Das bedeutet so viel wie Radio, das nie gehört wurde. Es ist ein Wortspiel. Es ist ein nicht kommerzielles Radio. Nicht allzuviel Leute hören es. Aber es ist teilweise sehr speziell??????.Und das ist die zweite Bedeutung des Namens." A: "Ok, kurz eine Begrüßung, alright ich versuch es: Hier ist Jay von Son Volt und ihr hört Radio Unnerhurt." F: "Danke, Jay"